Tagebuch der Wegwerfhasen April 2018

Hallo Leute, jetzt ist mal ein Update fällig.

Aus unserer alten Truppe ist nur noch die Toni da. Unsere drei Neuzugänge sind der Finn, der Crain und die Paula. Wir leben jetzt 1,5 Jahre miteinander und sind zu einer super Gruppe zusammen gewachsen.

Wegwerfhasen sind wir im Grunde immer noch, auch wenn der Finn und der Crain über eine ganz tolle verantwortungsbewusste private Notstation zu uns gekommen sind und die Paula aus einer Zuchtanlage freigegeben wurde.

Im Frühjahr 2017 haben wir den Schock unseres Lebens gehabt als uns das Fraule in einen Karton gepackt und 20 Kilometer fort transportiert hat. Da konnte sie uns beruhigen was sie wollte, das war zuviel an Stress. Der Crain lag schon ganz flach vor Panik.

Zum Glück durften wir bald wieder aussteigen und zwar auf einer Traumwiese schlechthin. Alles grün und üppig und das schon Anfang April. Fraule hat uns erklärt das sei unser neues Zuhause. Die Wiese hatte sie extra für uns angezüchtet und unsere Weide vom alten Gehege umgepflanzt. Wir haben alles erkundet und markiert, das war vielleicht eine Arbeit. Dann machten wir uns dran die Wiese zu vernichten. Sorry Fraule... aber was sein muss, muss sein. Einige Wochen haben wir dafür gebraucht.

In unserer ersten Nacht im neuen Zuhause dachten wir, dass Fraule glatt vergessen hat uns vor den Mardern einzusperren. Sie hat uns nämlich einfach auf der Wiese sitzen lassen obwohl es dunkel wurde. Doch es hat sich heraus gestellt dass ganz oben ein sicheres Gitter ist und auch unten im Boden und rundherum. Das hat uns so gefallen dass wir die riesengroße Schutzhütte mit Stroh und Heu und Leitern hartnäckig ignorieren. Wir sind Wiesenkaninchen, wir bleiben Wiesenkaninchen und sitzen auch im Schnee jede Nacht draußen.

Mit der Zeit gab es noch zwei Erweiterungen unserer Wiese für den Tag und wir mussten nochmal eine große Fläche mit Unkraut vernichten. Was heißt hier Unkraut, es war das leckerste Natur-Wiesenmenü das ihr euch vorstellen könnt. Jetzt haben wir auch eine lange Rennstrecke, prima für den Morgensport.

Einmal haben wir neugierig an den Baumstämmen, die unser Tagesgehege begrenzen, herum gescharrt und ups.... ganz aus Versehen einen kleinen Tunnel gemacht. Alle vier sind wir durchgeschlüpft nur um festzustellen dass wir draußen Angst bekommen. Es war auch ein viel zu heißer Tag. Das Fraule hat uns dann gefunden wie wir uns ganz unglücklich neben der Hütte in die Ecke gedrückt haben ohne Schutz vor der Sonne zu finden. Sie hat uns wieder eingesammelt und ins Gehege verfrachtet unter das schöne schattige Sonnensegel und unsere Weide. Die Toni und die Paula mussten etwas herumzicken – Mädels eben. Seitdem haben wir keine Ausbruchversuche mehr gemacht und da wo es vorher raus ging liegen jetzt auch so große Steine. Keine Chance mehr.

Ein cooles Leben haben wir jetzt. Wir sehen vom Tagesgehege aus ganz weit über ein Feld, wir kennen schon die großen schwarzen Vögel, die tun uns nichts, wir tun denen nichts. Wir sehen Wildkaninchen und Rehe. Nachts mag da rumschleichen was will auf dem Feld, Fuchs oder Marder, die kommen nicht in unser Nachtgehege rein denn wir haben eine mardersichere Voliere.

Einzig nervt uns dass wir zweimal im Jahr in einen Transporter müssen zu unserer neuen Tierärztin, die uns dann mit Nadeln piekst. Das soll auch noch tierfreundlich – also Tierschutz sein. Manchmal verstehen wir das Fraule nicht wo sie uns angeblich so lieb hat. Den Finn haben das Fraule und die Tierärztin besonders auf dem Kieker, der muss nicht nur zweimal im Jahr sondern alle vier Wochen dahin. Da wird er schlafen gelegt und die schleifen was in seinem Mund. Dabei haben wir soviel Wiese und Äste und bekommen alle Futterempfehlungen umgesetzt von der Kaninchenwiese usw. Trotzdem erklärt uns unser Fraule dass beim Finn ein Problem mit den Zähnen besteht, die stehen zu lang im Unterkiefer und es wachsen Zacken. Das wurde rechtzeitig entdeckt, kurz vor knapp jedenfalls, scheinbar nutzt es doch wenn auch wir gesunden Kaninchen zweimal im Jahr zum Pieksen gehen, denn da wird auch sonst alles gecheckt. Wie ein Kaninchen-TÜV.

Jetzt ist der Finn ein sogenanntes „Zahni“ - Kaninchen mit Zahnfehlstellung. Er schafft es nicht die Zähne selbst in Abrieb zu bringen. Es sah schon im Herbst 2017 ganz düster mit ihm aus, das schwarze Kaninchen ist schon gekreist über unserem Gehege.

Aber die neue Tierärztin, die wir da haben, ist echt fit, die weiß was sie tut und hat den Finn mit Fraule auch noch zusätzlich in die Tierklinik nach Augsburg geschickt. Um eine zweite Meinung und eine Prognose zu bekommen. Schleifen alle vier Wochen heißt es jetzt erst mal. Seitdem hat der Finn ganz schön zugenommen und ist sehr fröhlich. An das viele Autofahren muss er sich halt gewöhnen wenn er bei uns bleiben will, und das will er unbedingt. Wir wollen ihn noch lange in der Gruppe behalten denn er ist unser heißgeliebter Chef im Gehege. Wer sonst scharrt uns immer das Futter aus dem Teller und putzt genau das Mädel, das der Crain grad nicht putzt. Oder umgekehrt.

Nun steht der zweite Sommer in unserem Wiesengehege vor der Tür, im Winter war Hanf eingestreut, wir können es kaum erwarten dass die Wiese wieder wächst. Unser Fraule hat schon angekündigt dass die Naturwiese mal ein paar Wochen lang zugemacht wird zum Nachwachsen. Dann sollen wir eine Umleitung in den hinteren Teil am Zaun bekommen. Letztes Jahr war das Feld hinter unserem Zaun voller Klee, Bio-Klee. Ihr könnt euch denken wie wir uns gefreut haben weil das Fraule fleißig gepflückt hat für uns. Jetzt gibt es Kartoffeln – brrrrr.... nichts für uns. Aber Klee wächst trotzdem noch denn der nette Bauer lässt einen großen Ökostreifen stehen. Wahrscheinlich extra für uns. Bestimmt hat er uns im Gehege gesehen und gedacht.... vier so nette Hasen, denen lass ich Wiese stehen. Oder nicht?

Tschüss – eure Wegwerfhasen Toni, Paula, Finn und Crain